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"Lass
dir an dem Bewusstsein genügen, deine Pflicht
getan zu haben!
Andere mögen es erkennen oder nicht."
(Ch.M.Wieland)
In seinem Buch "Der
Wahn der mich beglückt" (Lübbe-Verlag)
schreibt Julius Hackethal, dass er das
geflügelte Dichterwort von Christoph Martin
Wieland (1733 - 1813) als Titel für seine
Autobiografie gewählt habe, weil dieser Dichter
des Humanismus zum "Mitschuldigen"
seines Idealismus geworden sei. Vor allem die
"Geschichte des Agathon" (1766 - 67)
gehöre zu den "Schrittmachern" seiner
Ideale, Illusionen und Wunschträume und damit
seines berufsreformatorischen Wahns.
Dieser Wahn, wie Julius Hackethal in seinem
Vorwort schrieb, beeinflusste ihn in seinem
Streben um ein besseres
Arzt-Patienten-Verhältnis, ohne Herrscher zu
Untertan im Sinne eines Falscheid, dem "Meineid
des Hippokrates" wie Hackethal den Arzteid
der Neuzeit entlarvt, zu einem humanistischeren
Umgang mit Patienten im Rahmen des Humanitas-Gelöbnis, dessen oberster Leitsatz
lautet: "Als Patientenarzt aus Liebe
verspreche ich, jeden Patienten wie meinen besten
Freund zu behandeln - oder gar nicht." Damit
transformiert Hackethal die humanistischen
Gedanken von Christoph Martin Wieland in die
Neuzeit der medizinischen Kultur im Sinne eines
besseren Umgangs mit kranken Menschen - aber auch
einem zufriedenstellenderen Berufsbild
medizinischer Heil- und Pflegeberufe, im
Zeitalter der gewinnorientierten
Gesundheitswirtschaft. Gerade im
"ewigen" Thema
"Gesundheitsreform" erhält der
Betrachter oft den Eindruck, den Christoph Martin
Wieland in einem Zitat sehr schön formte:
Zit.> "Die Herren
dieser Art blend't oft zu vieles Licht, sie sehn
den Wald vor lauter Bäumen nicht."
Christoph Martin Wieland war vom Deismus
geprägt, einer GOTTes-Vorstellung
in der GOTT
der Schöpfer aller Dinge ist oder besser gesagt
war, sich dann aber aus den weiteren
Entwicklungen der Welt heraus hält. In
bestimmten Kreisen der Religionen ist der Deismus
eine Art des Atheismus, also ein Form der GOTTlosigkeit.
Wie man dazu auch stehen möge, feststeht, dass
das Bekenntnis zum Deismus viele Humanisten der
Aufklärung beeinflusste, weil dadurch der
gesellschaftliche Raum geschaffen werden konnte,
eigenverantwortliches, humanistisches Tun des
Menschen zu fördern und die Kreatur aus ihrer
animalischen Entsprechung von
Schicksalsgläubigkeit und Aberglauben zu einem
Weltbild zu formen, in dem es möglich ist, durch
tätiges Eingreifen, den Umständen einen
anderen, besseren Lauf zu geben. Hackethal war
beeinflusst davon, diese Art des Humanismus, die
aus den tiefsten Triebfedern der Liebe und des
verständigen Mitleids zu allen Kreaturen dieser
Welt, auch in die Medizin der Neuzeit einfließen
zu lassen. Trotz Wissenschaftlichkeit in der
Medizin, oder gerade deswegen, ist es uns noch zu
unzureichend gelungen, die Attribute der
Nächstenliebe und liebevollen Zuwendung zur
Selbstverständlichkeit im Medizinbetrieb werden
zu lassen.
Die gleichen Strukturen der Vermittlerrolle von
Religion und Kirche zwischen GOTT
und dem Menschen, die in den vergangenen
Jahrhunderten zu einer Entfremdung der Menschen
gegenüber Glauben und geistiger Wahrnehmung in
den Religionen führte, werden auch im
medizinischen Alltag zur Entfremdung zwischen
medizinischen Erfordernissen und dem
"Wunschwohl" des Patienten, wie es
Hackethal oftmals formulierte. Die
Vermittlerrolle von Gesundheitswirtschaft und Ärzteschaft in Bezug von Krankheit und gesunder
Lebensführung führen auch heute noch zu
gravierenden Differenzen zwischen Medizin und
Patient, die die Qualität der Medizin nachteilig
beeinflussen. Trotz Öffnung gegenüber
patientenfreundlichen Therapieansätzen und
moderner medizinischer Betreuung, fühlt sich der
Patient einem klerikalisierten System
ausgeliefert.
Der Held im "Agathon", Agathon selbst,
mit den egoistischen Zielsetzungen seiner Zeit
konform, gelangt schließlich durch das Wirrspiel
des Lebens zu der Auffassung, dass wahre
Glückseligkeit nur im Dienst an der menschlichen
Gemeinschaft zu erzielen sei. Er begründet damit
in seinem Leben den Humanismus einer nicht dem
Selbstzweck verpflichteten Handlungsweise jedes
einzelnen. Hackethal zitiert in seinem Buch
"Der Wahn der mich beglückt" Hans
Böhm folgendermaßen: Zit.> "Gunst
oder Hass der Parteien bestimmen das Schicksal
des Individuums . Die Meinung des Volkes ist von
geschickten Demagogen leicht zu lenken, und nicht
die Verdienste jedes einzelnen werden wirklich
gewogen, sondern die günstige oder ungünstige
Beleuchtung seiner Handlungen und Ansichten
entscheidet letztlich über sein
Schicksal..." Agathon
erkennt, dass nur die Verbindung zwischen Herz
und Verstand in den Taten des Menschen zur
schöpferischen Entfaltung führen kann. Wieland
lässt Zerbin, eine Märchenfigur im Agathon, die
als Königssohn der Gnome aufgewachsen war und
den Wunschtraum hatte eine Mensch zu werden im
Dritten Gesang folgendes offenbaren:
Nein, sagt´ich einst zu
einem Spielgesellen,
Dem ich gewogner war,beredet mich nur nicht,
Dass hinter jenem Berg, der in Wolken sticht,
Nichts sei als Luft und uferlose Wellen;
Sagt mir´s, so oft ihr wollt, ich nenn´es ein
Gedicht;
Vergebens zwing´ich mich, mir selber
vorzustellen,
Ich sei ein Gnom und Euers Königs Sohn;
O, sagt mir, wer ich bin und nehmt dafür den
Thron!
Der junge Gnom, der nie von Menschen was gehört,
Verlachte mich mit meinen Träumereyen;
Er stritt mit mir; doch blieb ich unbekehrt;
Die Stimme der Natur lässt sich nicht
überschreien.
Ist´s, dacht ich, auch ein Traum, der
schmeichelnd
mich bethört,
Dem Hoffnung und Begier der Wahrheit Farbe
leihen,
Es sei! Ich
lieb´ihn doch! Ein Wahn, der mich beglückt,
Ist eine Wahrheit werth, die mich zu Boden
drückt.
Die letzten Zeilen dieses
Gesanges von Wieland, nutzte Hackethal
treffenderweise für seine schon oben benannte
Autobiografie "Der Wahn der mich
beglückt." Dem humanistischen Bilde, eines sinnvollen,
menschlichen Lebens entsprechend, zitierte
Hackethal ausführlich in seiner Biografie, weil
es wie er schreibt "...auch mein Glaube
ist...", aus einem Vortrag Christoph Martin
Wielands zum Thema "Fortleben im Andenken
der Nachwelt" in der Anna Amalia
Freimaurerloge, kurz vor dem Tode Wielands 1812,
wie folgt: Zit.> "Was
ist denn eines jeden dieses namenswürdigen
Menschen wahres Lebens?...Etwa diese dumpfe Art
von Dasein, die der Mensch mit dem Tiere des
Feldes gemein hat und worin sich seine ganze
Tätigkeit auf Befriedigung seiner sinnlichen
Triebe und Bedürfnisse und, wenn´s hochkommt,
auf Erstrebung selbstsüchtiger, von tausend
Zufälligkeiten abhängender und daher auch
selten gelingender Entwürfe beschränkt? Mit
einem Worte, besteht das Leben in dem, weswegen
es den Namen eines Traums verdient? Oder nicht
vielmehr in wohlgeordneter und, soviel möglich,
ununterbrochener Übung und Anwendung edelster
Kräfte unseres Geistes und der schönsten
Gesinnungen und Gefühle unseres Herzens, wodurch
beide eine unverwandte Richtung auf Beförderung
des Guten, außer uns, das heißt auf solche
Kraftäußerungen ( von welcher Art sie auch sein
mögen ) erhalten, welche als Bestandteile des
allgemeinen Wohls und der allseitigen Ausbildung
und Vervollkommnung der Menschheit anzusehen
sind? Lebt nicht jeder edelgesinnte Mensch
weniger für sich selbst als für andere? Ist
nicht sein Dasein mehr oder weniger eine
immerwährende Aufopferung? War nicht aus diesem
Grunde ein sich selbst nach und nach verzehrendes
Licht von Alters her das schönste Sinnbild eines
edlen guten Menschen? Und kann man nicht mit der
Wahrheit sagen: Das Leben im Andenken der
Nachwelt, da es nur die natürlichste Folge
ausgezeichneter und immer fortwirkender
Verdienste ist, sei mit dem vorhergegangenen
sichtbaren Leben in der Mitwelt gleichsam aus
einem Stück und als eine wirklich fortgesetzte
Persönlichkeit in derselben zu betrachten?"
Möge dieses humanistische Leitbild von Wieland
und Hackethal die Medizinkultur der Zukunft
lenken helfen und diese Zeilen auch dem "Andenken
Julius Hackethals der Nachwelt" dienlich sein.
Wenn
zu den Reihen der Nymphen. Versammelt in heiliger Mondnacht,
Sich die Grazien heimlich
Herab vom Olympus gesellen,
Hier belauscht sie der Dichter Und hört die schönen Gesänge.
Sieht verschwiegener Tänze
Geheimnisvolle Bewegung.
Was der Himmel nur Herrliches hat,
Was glücklich die Erde
Reizendes immer gebar
Das erscheint dem wachenden Träumer.
Alles erzählt er den Musen
Und daß die Götter nicht zürnen,
Lehren die Musen ihn gleich
Bescheiden Geheimnisse sprechen. |
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